Kontakt - Zeichnungen im Raum
Doris Krampf, 2000 in: "Pit Brüssel", APC Galerie, Köln, 2000 Der Terminus "Kontakt" definiert sich als Berührung oder das Sichberühren stromführender Teile zur Herstellung einer stromleitenden Verbindung und beschreibt prägnant die Intention, die hinter den Arbeiten von Pit Brüssel steht. Als Künstler nimmt er Kontakt zu bestimmten, für ihn architektonisch reizvollen Räumen auf, um deren Besonderheiten mit seinem spezifischen, künstlerischen Medium - Widerstandsdraht - zu akzentuieren. "Kontakt" definiert gleichsam das, was mit und in seinen Arbeiten passiert: Durch die Verbindung des Widerstandsdrahtes mit Strom wird Energie sichtbar und spürbar. Das Erlebbarmachen von Räumen im Sinne einer Betonung architektonischer Eigenheiten, wie z.B. Säulen, Stahlträger, Ecken oder Kanten ist seit jeher Thema seiner künstlerischen Auseinandersetzung. Zunächst arbeitete Pit Brüssel mit Modelleisenbahnschienen - mit oder auch ohne Loks- , mit denen er Raumlinien nachzeichnete. Vor vier Jahren begann er, sich dem Medium der "Leuchtdrähte", d.h. Widerstandsdrähte, die mit Hilfe von Federn und Gewichten gespannt und mit Strom (220Volt) gespeist werden, zu widmen. Seinem Prinzip der Rauminstallation folgend, sucht er seitdem entsprechend interessante räumliche Elemente, die er mit Draht abspannt und mit Strom versorgt. Die bei Tageslicht sichtbare, aber kaum wahrnehmbare Drahtkonstruktion entpuppt sich bei Einbruch der Dunkelheit als glühender, wärmespendender und auch bedrohlicher Körper. Diese Konstruktionen werden somit zu neuen, autonomen Konstanten in einem eigenen System. Mit der Schaffung zusätzlicher virtueller Körper, die nicht unmittelbar auf ein entsprechendes architektonisches Element bezogen sind, jedoch als Pendant zu den originären Körpern gelten, beschreitet der Künstler einen weiteren Schritt seines künstlerischen Konzeptes. Einem realen, faßbaren Körper wird ein virtuelles Gegenstück hinzugefügt, das den Eindruck des skulpturalen, dreidimensionalen Gesamtgefüges im Raum noch verstärkt. In den neueren Arbeiten entwickelt er sein Konzept weiter, indem er sozusagen eigene Räume im Raum schafft. Zum einen sind es die "Wärmeschränke", bewegliche Quader aus verzinktem Stahlrahmen und Glas, deren Inneres mit Widerstandsdrähten in verschiedenen Variationen abgespannt sind und die mittels Fußschaltung unter Strom gesetzt werden. Eine andere Art von Raumwahrnehmung demonstriert Pit Brüssel in seinen Wandarbeiten. Hierbei bedient er sich durchgängig puristischer Materialien, wie Isoliergummimatten aus recyceltem Altreifen oder einfacher Steinplatten, die er wiederum mit Widerstandsdraht kombiniert. Aus den schlichten Materialien werden entweder rechteckige Formen geschnitten und auf einem festen Grund fixiert oder - wie im Fall der Steinplatten - im Rohzustand verwendet. Diese Elemente werden nun entweder einzeln oder als mehrteiliges "Raumgefüge" mit dem Draht arrangiert. Es entstehen Flächen, die selbst zum dreidimensionalen Raum werden, gestärkt durch die partielle Akzentuierung klarer Strukturen, der horizontalen und vertikalen Linien, der Um- bzw. Zwischenräume. Auch das große, formreduzierte Triptichon, dass zu den neusten Arbeiten zählt, vermittelt die intensive Auseinandersetzung mit Form, Fläche, deren Beziehung zum Raum und dessen Wahrnehmung: Zwei monochrome Rechtecke, eines aus weißem Stahlblech und hochglänzend, das andere aus schwarzem Isoliergummi. Ein drittes Drahtrechteck wird den beiden anderen zugeordnet. Bei Tageslicht ist es wiederum kaum wahrnehmbar, um so stärker glüht es dann aber bei Dämmerung. Wie zuvor bei seinen Rauminstallationen spielt er hier mit der Wahrnehmung des realen und virtuellen Raumes, um den Betrachter für sein Umfeld zu sensibilisieren. Nicht ohne Absicht stellt er zwei Materialien nebeneinander, die in ihrer Wirkung vollkommen konträr sind. Zum einen die weiße, sich spiegelnde Fläche, die reflektiert, also etwas - Energie - abgibt. Dann die schwarze Fläche, die alles - Energie - aufsaugt. Das virtuelle Rechteck vereinigt all diese Eigenschaften. Es saugt Energie auf, indem es mit Strom versorgt ist; es gibt Energie ab, während es glüht und Wärme spürbar macht. Kontakt aufnehmen heißt für Pit Brüssel, Wahrnehmung des Raumes, sich auf ihn einlassen, seine Grenzen spüren. Sein Ziel, Raum erfahrbar zu machen, wird durch dessen Visualisierung mit Hilfe eines absolut originären Mediums erreicht. Es ist bemerkenswert und sicherlich auch einzigartig, Kunst derartig "unter Strom zu setzen". Der besondere Reiz der von den Arbeiten ausgeht, ist einerseits der virtuelle Charakter, andererseits das Phänomen der Elektrizität. So verbindet Pit Brüssel unsere sinnliche Wahrnehmung mit dem Sinnlichen unseres technisch hochentwickelten Zeitalters. |